DIE RÜCKKEHR
Mittelbayerische Zeitung vom 02./03..09.2000
Enorme Gastfreundschaft erlebt /Heimatautor Karl Bösl kehrt an den Ort seiner Kriegsgefangenschaft zurück
Ein Lebenstraum ging für den Heimatautor Karl Bösl (,,Aus meiner Schulzeit") in Erfüllung. Nach 55 Jahren besuchte er noch einmal Südfrankreich. Die Region war sein Einsatzort als Soldat im 2.
Weltkrieg. Sie war aber auch der Ort seiner mehrjährigen Kriegsgefangenschaft. Viele schicksalhafte Jahre verbrachte Bösl in dieser Gegend, die heute ein beliebter Urlaubsort der Reichen und Schönen
ist. Ende 1943 wurde der erst 20-jährige Bösl nach Toulon zur Marine Flakabteilung abkommandiert. Kapitänleutnant Gärtner hatte den jungen Soldaten damals erklärt, dass sie in einer der
reizvollsten Gegenden Frankreichs seien, doch leider als Besatzungssoldaten, wo in Kürze eine Invasion erwartet werde. Schon am 15. August 1944 begann das Inferno der Landung in Cannes und St.
Raphael mit 1500 Schiffseinheiten, 200000 Soldaten und 5000 Fallschirmspringern. Allein auf Toulon wurden 12000 Tonnen Bomben geworfen. ,,Es war ein Gefühl, als ob man mit einem Messer bewaffnet
gegen einen Panzer kämpfen würde", schilderte der Heimatautor die für viele unvorstellbare Situation im Schützen- graben.
Bei den Gefechten wurde Karl Bösl von einem Granatsplitter verletzt und in ein Lazarett gebracht. Nach seiner Genesung begann in den Septembertagen der schwere Gang in die Gefangenschaft und erst im
Jahre 1948 öffneten sich für ihn wieder die Tore in die Freizeit.
Vieles hat sich verändert
Im Jahr 2000 besuchte Bösl das Gebiet, in welchem sich die Invasion abspielte. Vieles hatte sich nach so langer Zeit verändert und die Suche nach den ,,alten Stätten" glich
manchmal der Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen, erzählt Bösl. Das Weingut ,,de Kapris", auf dem er als Gefangener arbeitete, war noch in seiner ursprünglichen Form erhalten, aber es war
nicht mehr in Familienbesitz. Es gehört nun einer Genossenschaft. Die Nachfahren empfingen ihren ehemaligen Arbeiter und seine Familie sehr freundlich. ,,Sofort wurden alle Leute, die sich auf dem
Gut aufhielten, zusammengerufen, einige Flaschen Wein geöffnet und geredet", beschreibt Bösl die Gastfreundschaft.
Im Rathaus von La-Valette
In La-Valette empfing der Vorsitzende des dortigen Städtepartnerschaftsvereins den ehemaligen Kriegsgefangenen mit seinen Begleitern im Rathaus. Von den damaligen schweren Kampfhandlungen um La-Valette ist fast nichts mehr zu erkennen. Auf der Halbinsel ,,Chien" besichtigte Bösl das Restaurant ,,Pointe Sud". Hier verdiente sich der Kriegsgefangene oftmals ein kleines Zubrot. ,,Die lange Fahrt nach Südfrankreich war ein Erlebnis", sagt Bösl. Nochmals kamen die schrecklichen Erlebnisse der damaligen Tage in Erinnerung. ,,Die Worte von Kapitänleutnant Gärtner kamen mir wieder in den Sinn: ,Leider sind wir Besatzungssoldaten in dieser herrlichen Gegend´. Nochmals dies alles zu erleben, sei Gott gedankt." ,,Für mich war die Reise ein kleiner Beitrag zur Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich", betonte der Frankreichliebhaber.