Der "Schutzpatron der Oberpfalz"

30 Jahre nach dem "Aus" der WAA Wackersdorf setzten sich "unbestechlich"-Autor Oskar Duschinger und Ex-Landrat Hans Schuierer, inzwischen 85 Jahre, im Garten seines Anwesens in Klardorf nochmal zusammen, um über die Geschehnisse von einst zu sprechen. Ein historisches Treffen zweier "unbestechlicher".

Das "Aus" der WAA war ein Glücksfall für die Oberpfalz

Interview mit dem ehemaligen Landrat des Landkreises Schwandorf und „Schutzpatron der Oberpfalz“ im Kampf gegen die WAA, Hans Schuierer

Herr Schuierer, wie sehen Sie im Rückblick die Protestbewegung gegen die einst  geplante WAA Wackersdorf?

Schuierer: Das Aus der WAA war ein Glücksfall, ja ein Segen für unsere Region, wirtschaftlich, aber auch ökologisch. Meiner Meinung nach hätte eine Inbetriebnahme der WAA die Verödung einer ganzen Region zur Folge gehabt. Jetzt ist der Landkreis Schwandorf eine prosperierende Region. Zwischen 1982 und 1989, dem Ende der WAA, verlor unser Landkreis rund 6000 Einwohner. Viele haben fluchtartig den Landkreis Schwandorf verlassen. In jenem Zeitraum wurden keine neuen Betriebe angesiedelt. Nach dem Aus für die WAA ging es mit dem Landkreis Schwandorf hingegen schlagartig bergauf.

Heute steht der Investitionspark Wackersdorf mit BMW als führendem Unternehmen als strahlender Unternehmensstern da. Was glauben Sie, wie viele der dortigen Arbeiter und Angestellten wissen, was sich dort einst abspielte?

Schuierer: Ich war Teilnehmer einer Besuchergruppe im Investitionspark Wackersdorf und habe dort selbst erlebt, wie sogar der Leiter unserer Besuchergruppe die Geschehnisse um die WAA völlig verzerrt darstellte. Ich habe mir erlaubt, ihn zu korrigieren. Das lag mir einfach am Herzen.

Was können unsere Kinder heute, die ohne diese Erfahrungen am WAA-Bauzaun aufgewachsen sind, von jenen Ereignissen lernen?

Schuierer: Wachsamkeit! Niemand ahnte damals auch nur im Mindesten, was da aus heiterem Himmel auf uns zukam.

Gehörten jene Ereignisse von damals in die Geschichtsbücher von heute?
Natürlich gehören diese Ereignisse aus unserer jüngsten Geschichte festgehalten. Die jungen Menschen sollen durch dieses Wissen aus der Vergangenheit lernen für die Zukunft.

Sie vertraten damals die Ansicht: Für Recht, Freiheit und Heimat lohnt es sich zu kämpfen!

Schuierer: Diese Ansicht vertrete ich auch heute noch. Diese WAA war nicht nur eine Gefahr für Natur und die Gesundheit der Menschen, sie war auch eine Gefahr für die Demokratie und den Rechtsstaat. Dass die Justiz das Disziplinarverfahren gegen mich schließlich eingestellt hat, hat aber gezeigt, dass unser Rechtsstaat letztlich doch funktioniert.

Die Jugend von heute zeigt an den Protestbewegungen der 80er Jahre scheinbar wenig Interesse. Haben Sie den Eindruck, dass die jungen Leute heute zu wenig politisch sind; zu wenig bereit sind, für ihre Rechte zu kämpfen?

Schuierer: Das trifft sicherlich zu. Doch warum ist das so? Wir, die ältere Generation, haben unseren Kindern nur den Wohlstand präsentiert. Wir haben dabei vergessen, ihnen die Bereitschaft zu vermitteln, wie es ist, wenn man um etwas kämpfen muss. Dabei sind junge Leute durchaus bereit sich zu engagieren für unsere Gesellschaft.

Erste Erfahrungen, welche Auswirkungen der Protest gegen die WAA haben könnte, erfuhren sie beim Bau und vor allem bei der Räumung des Hüttendorfes im Taxöldener Forstes!

Schuierer: Erste negative Erfahrungen machte ich mit der Polizeiführung und der Bayerischen Staatsregierung, positive mit der Protestbewegung, die sich sehr friedlich verhielt. Die Absperrungen der Polizei, kilometerweit vor dem WAA-Gelände waren für mich „reine Schikane“, womit vor allem älteren und behinderten Menschen von vorneherein die Möglichkeit zum Protest verwehrt blieb. Auch die teilweise rabiate Vorgehensweise von Polizeieinheiten war zunächst völlig unnötig.

Wie unterschieden sich die Proteste gegen die geplante WAA in Wackersdorf damals von den Anti-Atom-Protesten in anderen Teilen der Bundesrepublik Deutschland?

Schuierer: Zu jenem Zeitpunkt waren die Proteste in Wackersdorf gegenüber denen in Gorleben beispielsweise absolut friedlich. Die harten Auseinandersetzungen folgten erst später.

Ihnen wurde als Landrat und führendem Widerstandskämpfer sogar die Amtsenthebung angedroht. Mit welcher Taktik haben Sie das verhindert?

Schuierer: Taktik hatte ich keine. Ich bin meinen geraden, korrekten Weg gegangen. Ich musste allerdings sehr wachsam sein, durfte möglichst kein falsches Wort sagen, damit man meine Glaubwürdigkeit nicht untergraben konnte. Was die Verantwortlichen der Regierung aber am meisten ärgerte, war, dass die Bevölkerung wie eine Mauer hinter mir stand. Ich war immer wieder auf dem Gelände, um mir selbst ein Bild zu machen von den Vorgängen und habe diese teilweise erschütternden Erlebnisse immer wieder mit der Polizeiführung besprochen und Kritik geübt am harten Vorgehen.

Und wie war das mit der Androhung der Amtsenthebung?

Schuierer: Herr Ministerpräsident Strauß drohte, wenn ich meine Meinung und mein Verhalten nicht ändern würde, erginge es mir genauso „wie dem Landrat Meier in Rott am Inn“. Dieser Landrat wurde, wegen einer ganz anderen Sache allerdings, seines Amtes enthoben. Ich habe dem Ministerpräsidenten damals geantwortet, er wisse wohl nicht mehr, was er da von sich gebe. Das muss ihn unglaublich geärgert haben, denn wenn ich ein Ministerium betrat, wurden sogleich die Schotten dicht gemacht. Danach wies Strauß die Regierung der Oberpfalz an, ein Disziplinarverfahren gegen mich einzuleiten, weil ich Weisungen nicht befolgt hätte. Dabei traf das gar nicht zu, ich hatte nur von meinem Remonstrationsrecht als Beamter Gebrauch gemacht. Daraufhin wurde das Verwaltungsverfahrensgesetz geändert, sodass künftig nicht mehr der Landrat, sondern die Regierung selbst für die Genehmigungen zuständig war, das später sogenannte „Lex Schuierer“. Das Disziplinarverfahren gegen mich wurde vier Jahre lang weiterverfolgt, wohl in der Absicht, mich mürbe zu machen.

An Pfingsten 1986 eskalierte die Gewalt am ehemaligen WAA-Gelände. Hatten Sie Befürchtungen, dass die Proteste nun aus dem Ruder laufen könnten?

Schuierer: Die Situation war in der Tat sehr brisant. Da passierten Dinge, die nicht in unserem Interesse waren, beispielsweise als Polizisten mit Zwillen und Stahlkugeln beschossen wurden. Das WAA-Gelände entwickelte sich damals immer stärker zum Schauplatz der autonomen Szene. Die Fernsehbilder mit diesen Geschehnissen haben der Anti-WAA-Bewegung sehr geschadet und unseren Widersachern in die Hände gespielt.

Welche Bedeutung hatte die grenzüberschreitende deutsch-österreichische Anti-WAA-Bewegung für den Widerstand gegen die WAA?

Schuierer: Die deutsch-österreichische Zusammenarbeit gegen die WAA hat uns sehr gestärkt. Fast jedes Wochenende waren österreichische WAA-Gegner bei uns im Landkreis. Zum anderen hatten diese Allianz Auswirkungen auf die deutsch-bayerischen Beziehungen, vor allem nach der Grenzsperrung. Bekannte österreichische Wissenschaftler haben immer wieder darauf hinwiesen, welcher Gefahr Salzburg und sein Umland bei einem Störfall in einer WAA Wackersdorf ausgesetzt seien. Im Übrigen: Es war bis dahin ungeschriebenes Gesetz, dass der bayerische Ministerpräsident jedes Jahr zur Premierenvorstellung der Salzburger Festspiele eingeladen wird. Aus Enttäuschung über das Einreiseverbot wurde jedoch damals Bayerns Ministerpräsident Strauß offiziell ausgeladen und stattdessen durfte ich seinen Platz einnehmen, neben Landeshauptmann Haslauer und dem österreichischen Bundespräsidenten Waldheim.

Einen Höhepunkt der Anti-WAA-Bewegung bildete das WAAhinnsfestival in Burglengenfeld. Die bekanntesten Musiker Deutschlands solidarisierten sich mit der Protestbewegung. Fühlten Sie sich gestärkt in Ihrem Denken und Handeln?

Schuierer: Ich selbst war an diesem Wochenende bei den Salzburger Festspielen zu Gast, während die beiden Töchter des Salzburger Oberbürgermeisters beim WAAhnsinnsfestival in Burglengenfeld waren. Für die Anti-WAA-Bewegung bedeutete dieses Festival eine ungeheure Stärkung. Man muss sich vorstellen: Musikkünstler wie die Toten Hosen, Herbert Grönemeyer oder auch Haindling, mit dem ich heute noch gute Beziehungen pflege, solidarisierten sich mit uns.

Zahlreiche bundesdeutsche Politiker wie Johannes Rau, Volker Hauff, Jochen Vogel, Petra Kelly, Joschka Fischer, aber auch F. J. Strauß kamen in den Landkreis Schwandorf, um sich für oder gegen die WAA auszusprechen. Welche Auswirkungen hatten diese Besuche für oder gegen den Bau der damals geplanten Atomanlage?

Schuierer: Natürlich gingen von diesen bundesweit bekannten Politikern Impulse aus. Aber auch Schauspieler wie Karl-Heinz Böhm oder Dietmar Schönherr haben sich mit uns solidarisiert und uns den Rücken gestärkt.

Zu welchem Zeitpunkt spürten Sie, dass die Proteste gegen den Bau der WAA erfolgreich sein könnten?

Schuierer: Ich persönlich war von Anfang von überzeugt, dass diese Anlage nie in Betrieb gehen würde. Als ich im Autoradio die Nachricht von der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl hörte, bestärkte mich das nur noch mehr in meiner Meinung: Die Gefahren, die von einer WAA ausgehen, wären unbeherrschbar gewesen.

Noch heute wird darüber gestritten, wer den Bau der geplanten WAA im Taxöldener Forst letztlich verhinderte: die Bürgerinitiativen, der Tod des bayerischen Ministerpräsidenten, das Umdenken der DWK-Wirtschaftsführer oder gar die Unbeugsamkeit des ehemaligen Landrats Hans Schuierer!

Schuierer: Mit Sicherheit war es nicht der Tod von Franz-Josef Strauß. Aus seinen Aussagen las ich schon bald heraus, dass er nicht mehr hundertprozentig hinter der Anlage stand. Der Vorstandsvorsitzende der RWE erklärte ganz offen, man könne eine solche Anlage nicht gegen den Widerstand der Bevölkerung betreiben. Meine Vision war es, so stark zu werden, dass Betreiber und politische Befürworter die Sinnlosigkeit ihres Vorhabens einsehen.

Sie wurden aufgrund ihres energischen Eintretens gegen die WAA auch schwer angefeindet. Was hat sie am meisten verletzt?

Schuierer: Sehr schmerzhaft war für mich der Bruch alter Freundschaften. Ich denke da beispielsweise an meine Wackersdorfer SPD-Freunde. Auch das Verhalten von Landratskollegen, die mich bei Sitzungen absichtlich gemieden und für dumm verkauft haben, hat mich getroffen.

Welche Auswirkungen hatten die letztlich erfolgreichen Demonstrationen gegen die WAA Wackersdorf in den 80er-Jahren für unsere Heimat - die Oberpfalz - heute?

Schuierer: Wenn die WAA gebaut worden wäre, wäre die mittlere Oberpfalz wirtschaftlich verödet. Heute gehört der Landkreis Schwandorf zu den Musterlandkreisen. Wir haben mit die geringste Arbeitslosigkeit, einen hohen Freizeit- und Erholungswert und sind wirtschaftlich aufgeblüht.

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