Schulrat Katzenbach
An diesem Tag waren wir auf dem Heimweg von der Schule ungewöhnlich ruhig. Es gab weder Neckereien noch balgten wir uns, was wohl daran lag, dass wir noch ganz im Bann jenes aufregenden Unterrichtsereignisses waren, das an diesem Schulvormittag über die Bühne gegangen war. Eine volle Woche lang hatte sich unser Klassenlehrer auf den Besuch des Herrn Schulrates vorbereitet. Immer wieder hatte er uns ermahnt, an diesem Tag putzmunter zu sein und uns eifrig zu melden. Besonders bei den Rechenaufgaben habe sich jeder sofort zu melden, entweder durch Fingerzeig oder durch ein lautes ,,Ich weiß es, Herr Schulrat!" Diese Grundsätze trichterte uns der Lehrer eine Woche lang mit ,,Zuckerbrot und Peitsche" ein. Ich glaubte durch ständiges Melden an diesem besonderen Tag weniger aufzufallen als durch ruhiges Sitzen und Zuhören. Umso größer war der Schreck, als der gestrenge Herr Schulrat Katzenbach mittendrin auf mich deutete. Ich sollte seine Frage beantworten, hatte aber trotz meiner Meldung keine Ahnung. Schelmisch lächelnd stellte sich der Schulrat vor mich, hob sein Kinn und seinen Zeigefinger und sprach mich an: ,,Du hast dich die ganze Zeit über doch so fleißig gemeldet. Jetzt stehst du plötzlich da und bringst keinen Ton heraus. Heraus mit der Sprache!" In meinem Kopf drehte sich alles. In meiner Not versuchte ich ehrlich zu antworten: ,,Wissen´s, Herr Schulrat, uns Herr Lehrer will auch mehr werden in seinem Beruf und das hängt von der Gscheitheit seiner Schüler ab. Da wollte ich halt ein wenig nachhelfen. Bestimmt wird es auch besser mit den Strafen, wenn Sie unseren Herrn Lehrer befördern täten!" Wie nicht anders zu erwarten, bekam unser Lehrer einen feuerroten Kopf. Nach der Verabschiedung des Schulrates aus Regensburg las mir mein Klassenlehrer gehörig die Leviten. Über mich grundehrlichen Schüler ergoss sich eine Flut von Schimpfwörtern, von denen ,,Rindviech" und ,,Depp" noch die harmlosesten waren. Eine Woche später schien alles vergessen. Unser Lehrer schien zufrieden mit seiner Beurteilung und ich hatte wieder meine Ruhe.